Tagesspiegel vom 12.07.2015 von Bartholomäus von Laffert

Der Verein Initiative "Flussbad Berlin" will die Spree am Lustgarten wieder beschwimmbar machen. Hobbysportler haben sie dafür als Badeort reanimiert – erstmals nach fast 100 Jahren. Rund 80 Teilnehmer schwammen heute um den "1. Berliner Flussbad-Pokal".

106 Teilnehmer starteten beim Berliner Flussbad Pokal am Bode-Museum.

Man kennt das ja vom Marathon: die Läuferscharen, die vor dem Startplatz die nahen Straßen hin- und hertraben, um sich warm zu machen, sich zu dehnen und zu strecken, auf dass der Körper auch mitmache. Was aber tut der Flussschwimmer, bevor er zu kraulen beginnt? Er hopst ins Wasser, gleitet hin und her – anderes Element, gleiche Technik.

Rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren am Sonntagnachmittag angetreten, um die Spree nach knapp 100 Jahren wieder als Schwimmbad, sogar als Wettkampfstrecke zu nutzen – Vorwegnahme eines Projekts „Flussbad“, mit dem ein Verein den Spreekanal entlang der Museumsinsel für Volkssport und -belustigung zurückgewinnen will.

Die ersten Schwimmer nach 100 Jahren

Um es vorweg zu sagen: Das Volk war belustigt und es kam trotz Nieselwetters in Scharen, hatte sich auf der südlichen Monbijoubrücke und entlang dem Spreeufer versammelt. Bejubelte eigentlich jeden einzelnen und jede einzelne, die ihre Körper zu Wasser ließen, verteilte auch, als die beiden Gruppen – erst die Frauen, dann die Männer – durch die Fluten pflügten, seinen Beifall ziemlich gleichmäßig auf die Athleten. Viele Fahnen sah man wehen, der Verein hatte gut vorgesorgt, so wurde das Wettschwimmen zugleich eine Werbeveranstaltung für das Vereinsanliegen.

Das war sogar schon Abi-Thema: die 18-jährige Emma Lu Dieminger, frischgebackene Abiturientin aus Prenzlauer Berg, leidenschaftliche Schwimmerin und zudem bei der DLRG engagiert, hatte im Rahmen der Prüfungen über das Projekt referiert. Für sie war der Wettkampf im Neoprenanzug der krönende Abschluss der überstandenen Prüfungsplagen. „Außerdem ist es natürlich eine Ehre, nach fast 100 Jahren zu den ersten zu gehören, die wieder im Fluss baden.“

Realisierung des Flussbades liegt noch in weiter Ferne

Andere hatte die Veranstaltung aus der Ferne hergelockt. So den 17-jährigen Daniel Bouvain aus Hamburg, der vom Schwimmen in der Spree im Internet erfahren hatte und gleich noch seinen 59-jährigen Vater Andreas Lenz mitgebracht hatte – zu zweit schwimmt es sich unterhaltsamer. Der Ort hat ihn begeistert: zwischen den alten Gebäuden seine Bahnen ziehen, für ihn einfach super. Und wie erlebt man als Siegerin solch ein Wettschwimmen? „Hat Spaß gemacht. Man sieht nichts, aber es ist toll, wie man die ganzen Leute jubeln hört.

Und dass ich einfach mal in der Spree schwimmen konnte!“ – so jubelte die 18-jährige Margarete Hummel von der SG Neukölln. Mit 14:53 Minuten war sie die schnellste Frau: rund 1000 Meter – einmal Monbijoubrücke zum Lustgarten und zurück. Der Sieger beim Männerwettbewerb steht noch nicht fest.

Die Initiatoren der Veranstaltung zeigten sich ebenfalls zufrieden, wenn auch vorsichtig: „Eine Realisierung des Flussbades liegt noch in weiter Ferne, aber bis 2018 wollen wir die erste Planungsphase abgeschlossen haben“, sagte Jan Edler, Vorstandsvorsitzender der Initiative. Bis dahin wollen er und sein Team ausloten, ob die Berliner überhaupt Lust haben auf den Badespaß in der Stadtmitte.

Fast 400 Menschen engagieren sich im Verein

„Wir wollen den Berlinern ihren Fluss wieder zurückgeben“, kündigt Edler an. Unterstützer hat er jedenfalls genug: Fast 400 Menschen engagieren sich mittlerweile in dem Verein, Bund und Land haben Ende 2014 zusammen bereits vier Millionen Euro zugeschossen. „Das war recht überraschend, aber so können wir unser Projekt endlich professionalisieren, Projektgebiete aktivieren und die rechtliche Lage prüfen“, bilanzierte Edler.

Der Hamburger Daniel Bouvain wurde angesichts der „tollen Location“ sogar geradezu übermütig, was seine Zukunftsträume vom Flussschwimmbad Spree Betraf: „Ich hoffe, dass wir hier bald auch die deutschen Meisterschaften austragen können“, sagte Daniel Bouvain. Bis es soweit ist, wird aber wohl noch viel schmutziges Wasser die Spree runterfließen.

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