Dr. Heide Ellerbrock, Berlin 14.11.22

Einen freundlichen Gruß an das Team Fluss Bad Berlin, an Herrn Tim Edler und Herrn Riechelmann!

Sie haben mich zwar aus Ihrem Verteiler für Newsletter gestrichen, dennoch kam Ihr Schreiben auf meinen Tisch, das jeder anfordern kann. Sie verstehen, hier muss ich erwidern.

Dr. Heide Ellerbrock

 

Replik auf den Newsletter Fluss Bad Berlin, November 2022

Der Newsletter verdeutlicht den außerordentlich großen Rechtfertigungsdruck des Vereins gegen Aussagen des Bundes der Steuerzahler Berlin e.V., BdSt, vom Okt. 2022.

Zur Einleitung:

Unklar ist schon u.a. die Behauptung und das Ziel des Vereins :  „die Wiedergewinnung des sauberen und öffentlich zugänglichen Flusses oder die Qualifizierung des öffentlichen Raumes.“

Mit der aufwendig konzipierten Filteranlage mitten im Spreekanal konnte nie die Wiedergewinnung des sauberen Flusses Spree erzielt werden, sondern nur ein kleiner Teil des Spreekanals, wenn die Filter funktioniert hätten. Die Überhöhung der Zielsetzung im Anfangskonzept hat durch die Entscheider so manche Fördermillion aus Bund und Land möglich gemacht.

Zu (I):

Frau Lompscher als ehem. Senatorin und Befürworterin benennt in ihrem Antrag auf Förderung im Rahmen „Nationale Projekte des Städtebaus 2018-2019“ das Projektthema[1]: „Als erste bauliche Maßnahme des Projekts `Flussbad Berlin ´wird die Freitreppe ´Schlossfreiheit` vor dem Humboldt-Forum ...realisiert, die als Zugang zum Wasser dient.“  S. 000193: „Die Maßnahme ergänzt den Gewinnerentwurf des Wettbewerbs zur Freiraumgestaltung des Umfelds Humboldt Forum von bbz landschaftsarchitekten im Jahr 2013.“.   „Die Freitreppe...trägt aus städtebaulicher Sicht zur erheblichen Aufwertung des öffentlichen Raums und zur Stärkung der Aufenthaltsqualitäten in diesem Bereich der Spreeinsel bei.."...“ Unter dieser Zielsetzung kamen die erheblichen Fördermittel von anfangs 4 Mio.Euro zustande. Bereits unter Frau Lompscher entfiel die erste bauliche Maßnahme des Projekts Flussbad, d.h. die vorgelagerte Steganlage von der Freitreppe zum Wasser wegen nicht vorhandener Badegewässerqualität. Die Forderung vonFrau Lompscher nach einem Badeverbotsschild war die Folge.  Am 10.12 2019 wurde nun noch die Freitreppe aus dem Projekt Flussbad eliminiert und dem Stadtumbaugebiet ´Umfeld Spreekanal` zugeordnet. Wenn aus Kostengründen die Freitreppe entfiele, die ohnehin keinen Einstieg für ein Bad mehr aufweist, was bliebe dann für das Projekt Flussbad an städtebaulicher Qualifikation? Wenn der Verein heute noch als Rechtfertigung für das Projekt Flussbad dieses Argument anführt, dann entspricht das Vorhaben zwar der Wunschvorstellung von 2018, nicht mehr der Realität von heute. Die Geschäftsstelle erhält noch Mittel für die Begleitung des Planungsprozesses. 2022 sind das erstaunliche 495.000 Euro. Wofür konkret?

Zu (II):

Der Spreekanal ist eine Bundeswasserstraße. Die Finanzierung für den Erhalt der Ufermauern, der Wasserflächen und der Wehre übernimmt der Bund. Die Wasserstraße ließe sich wieder reaktivieren, indem Grachtenboote als Wassertaxi oder DHL-Boote, jeweils mit alternativen Antrieben, zur Postverteilung eingesetzt würden. Bei Umwidmung jedoch in einen Filter- und Badebetrieb müsste die Stadt Berlin nicht nur die Kosten für die Unterhaltung des Kanals übernehmen. Zu diesen Ausgaben kämen die Lohnkosten für die Pflege der Filter-, Sanitär- und Badebereiche, die Wartung und Stromkosten für UV-Bestrahlung, die zusätzlichen Müllbeseitigungen usw. Diese Folgekosten für das Bad im Kanal sind nie berechnet worden. Die Aufrechnung des Vereins an dieser Stelle  ist völlig unzureichend.

Zu (III):

Diese Gegenüberstellungen sind haarsträubend. Fläche mit Fläche zu vergleichen, ist selbst bei wohlwollender Betrachtung nicht nachvollziehbar. Wenn schon so ein unsinniger Vergleich, dann nur, wenn man qm Wassernutzung mit qm Wassernutzung gegenüberstellt und die zeitliche Komponente, nämlich die Dauer der Nutzung von Hallenbad zum Freibad mit einbezieht. Bei einem Bad im Kanal müssen zudem die Starkregeneinträge, die damit einhergehenden Verschmutzungen des Wassers, der Algenbefall, die anstehenden Dürreperioden zu Ungunsten der Nutzungsdauer des Kanalbades einfließen. Spätestens an dieser Stelle wird dem Leser wohl klar, dass diese Vergleiche unsinnig sind. Die angesetzten 77 Mio. für das Kanalbad sollten, wie der BdSt vorschlug, dann besser zur Sanierung der Stadtbäder eingesetzt werden, um die kontinuierliche Nutzung u.a. mit Schwimmunterricht sicherzustellen. 

Zum Resümee:

Durch diesen Bericht konnte der Verein die Kritik und den Vorwurf der Steuergeldverschwendung des BdSt, Berlin nicht widerlegen. Wenn der Verein für saubere und öffentlich zugängliche Flüsse eintritt, dann ist das lobenswert. Alle Abschlussberichte zeigen nur sehr deutlich, dass kein erprobtes Konzept die Wasserqualität für ein Bad im Kanal liefern kann, geschweige denn sich das Konzept auf Flüsse wie die Spree übertragen ließe. Mit elf Ausläufen aus der Mischkanalisation und Einträgen ungeklärter Regenwässer lässt sich selbst durch Kläranlagen kein Badegewässer erzeugen, Nachrüstung durch vierte Reinigungsstufen mit Ozon, Aktivkohle usw. werden erforderlich. 

Zudem basiert beim Verein Flussbad der Begriff der Wasserqualität auf völlig unzureichenden Kriterien aus den Jahren 2006/7, die die heutigen pathogenen Einträge gar nicht erfassen, wie z. B. antibiotikaresistente Keime, Toxine aus Cyanobakterien usw. Das ist fahrlässig, zumal Pokalwettbewerbe, längere Schwimmzeiten im Spreekanal vor nicht langer Zeit noch avisiert wurden.